Interview in der JungenWelt zum AfD Landesparteitag in Offenburg

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Kurz vor dem Landesparteitag der „AfD“ in Offenburg haben wir der Tageszeitung Jungen Welt ein Interview gegeben. Wir sprachen mit der Redaktion über unsere Einschätzung der „AfD“, die laufenden Anti-Kriegsproteste sowie über die geplanten Proteste in Offenburg. Das Interview wurde gekürzt in der Ausgabe vom 04.03.2023 abgedruckt.

JW: Die baden württembergische AfD veranstaltet am Wochenende 04. / 05.März ihren Landesparteitag in Offenburg an der französischen Grenze. Im Gespräch mit Tessa Berger von der Antifaschistischen Aktion Süd, einem Zusammenschluss von acht Antifagruppen in Süddeutschland:

Anfang März möchte die sogenannte „Alternative für Deutschland“ in Offenburg ihr 10 jähriges Bestehen feiern und sich danach zum Parteitag treffen. Ihr ruft, wie auch schon 2020, zu Gegenprotesten auf? Warum ist es so wichtig, sich dem Treffen in den Weg zu stellen?

Noch wird die AfD größtenteils als Frevel am rechten Rand behandelt. Aber dass sie Teil dieser Gesellschaft wurde, haben Viele mittlerweile stillschweigend akzeptiert. Damit nimmt auch der praktische Widerstand gegen die AfD immer weiter ab. Auch außerhalb ihrer Hochburgen gibt es immer mehr Infostände, Saalveranstaltungen und Parteitage ohne Proteste.

Diese sind aber notwendig wie nie: Wie keine andere rechte Kraft vereint die AfD eine treue Anhängerschaft, weit verzweigte Netzwerke, große finanzielle Ressourcen, reichweitenstarke Medienkanälen und viele erfahrene Funktionär:innen. Mit dem faschistischen Flügel bereiten sich Teile der AfD darauf vor, sich an die Spitze entstehender Protestbewegungen auf der Straße zu stellen. Im Osten sind sie damit teilweise erfolgreich und auch in Westdeutschland häufen sich die Versuche. Mit Blick auf das ganze Land sehen wir deshalb in der AfD die aktuell gefährlichste rechte Kraft, auf die sich auch der Hauptteil antifaschistischer Praxis richten sollte. Da ist es in unseren Augen nur richtig, auch bei internen Großevents der Rechten den Widerstand nicht abreisen zu lassen.

JW: Ein Bündnis von 20 verschiedenen Gruppen ruft am 04.03 zu zwei Demonstrationen vor der Messehalle auf. Warum gibt es zwei Demonstrationen?

Es ist uns ernst um die Bündelung aller antifaschistischen Kräfte im Kampf gegen die AfD. Deshalb beteiligen wir uns selbstverständlich an der Bündnisdemo der Gruppe „Aufstehen gegen Rassismus“. Allerdings reicht es nicht aus – wie in deren Aufruf geschehen – die AfD alleinig für ihren Rassismus zu kritisieren, noch ist die richtige Antwort auf ihre hohen Wahlergebnisse die kritiklose Verteidigung einer Gesellschaft, in der schon genug falsch läuft. Hinzu kommt, dass auf der Bündniskundgebung vor der Messehalle auch Funktionär:innen von SPD und Grüne sprechen sollen – also Mitverantwortliche von Sozialabbau, Kriegskurs und Krisenpolitik.

Antifaschistischer Widerstand muss in unseren Augen immer verknüpft sein mit einer Kritik an der kapitalistischen Gesellschaft, die die Rechten erst hervor bringt, und einer klaren Positionierung gegen Krieg und Aufrüstung. Mit unserer anschließenden, zweiten Demonstration wollen wir diese Widersprüche sichtbar machen und gleichzeitig Menschen für einen praktischen Antifaschismus mit Klassenstandpunkt gewinnen.

JW: Der baden württembergische Landesverband fällt regelmäßig als besonders rechts auf. Trotz Austritt Wolfgang Gedeons aus der Landtagsfraktion ist keine Ruhe eingekehrt. Welche Fraktion hier aktuell tonangebend?

Mit dem 2022 neu gewählten Vorsitz ist der Landesverband nochmals ein Stück weiter nach rechts gerückt, aber die Richtungskämpfe der AfD sind auch in Baden Württemberg noch nicht endgültig entschieden. Und auch wenn sich gerade nach Außen um Geschlossenheit bemüht wird, wird auch in Offenburg der Streit, welche Gremien zukünftig Struktur und Strategie der Partei vorgeben, weiter geführt. Lokal wie bundesweit gehen die dem offiziell aufgelösten „Flügel“ nahestehenden Kräfte in den internen Auseinandersetzungen auffallend weitsichtig vor, haben eine genaue Vorstellung, wohin sich die Linie der Partei verschieben soll und wissen aber auch, wie weit sie damit gerade gehen können. Langfristig müssen wir deshalb davon ausgehen, dass sich die faschistischen Kräfte durchsetzen.

JW: In Eurem Aufruf kritisiert Ihr, dass es der AfD nur aufgrund der Schwäche der Linken gelingen kann, sich als Sozial- und Friedenspartei zu inszenieren. Wie kann dem entgegen getreten werden?

Indem wir als linke Bewegung unkomplizierte, aber inhaltlich klare Angebote schaffen gegen die Verschlechterung unserer Lebensbedingung und den Kriegskurs auf die Straße zu gehen. Während der Diskussion um den „Heißen Herbst“ im letzten Jahr waren wir zuversichtlich, dass die verschiedenen linken Kräfte diesmal den Schuss nicht verpassen würden. Allerdings haben sich die Verhältnisse anders entwickelt. Nicht die wirtschaftliche Krise, sondern die berechtige Angst davor, das Baerbock und Co. uns immer weiter mit in den Krieg hinein ziehen, scheint die polarisierende Frage zu werden, anhand derer Massenproteste entstehen könnten.

In dieser Frage mangelt es aber in der Linken an Klarheit und Initiative. Die weitestgehend fehlende linke Antikriegsbewegung hinterlässt einen Raum, in dem sich die AfD mit ihren Pro-Russland Position als Friedenspartei inszeniert. Wir müssen also auf zwei Ebenen kämpfen: Wieder eine linke Antwort gegen Aufrüstung und Krieg auf die Straße bringen und gleichzeitig gegen jeden Versuch der Rechten dieses Thema zu vereinnahmen Widerstand leisten. Lassen wir eine der Ebene außen vor, wird es ein Kampf gegen Windmühlen.