Über 400 Menschen gegen Eröffnung von Nazizentrum

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Trotz nur fünftägiger Mobilisierungszeit folgten am ersten Samstag im Januar 2024 über 400 Menschen dem Aufruf gegen das neue Zentrum der AfD im badischen Lahr zu demonstrieren. Nach einer Auftaktkundgebung am Lahrer Bahnhof zog eine antifaschistische Demonstration lautstark durch das ehemalige Kasernenviertel ins Industriegebiet auf der westlichen Seite der Rheintalbahn. Dort, zwischen TÜV und Spielcasino, hatte der AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz auf 13 Uhr zum Sektempfang in von ihm angemieteten Räumen geladen.

Am Ort des Geschehens angekommen, versuchten die Teilnehmenden der antifaschistischen Demonstration den Haupteingang der neuen rechten Location zu blockieren. Dies gelang zumindest teilweise. Das von der Polizei mit Einsatzhundertschaft und Kastenwägen gesicherte Gelände konnten AfD-Sympathisant:innen so erst mit Verzögerung, Polizeischutz und nur durch einen Schleichweg zum Hintereingang betreten. Versuche einiger Rechter durch die Kundgebung zur Eröffnung zu gelangen sorgten für Gegenwehr bei den anwesenden Antifaschist:innen. Einzelne mussten handfest der Proteste verwiesen werden. Ganz verhindert oder erheblich eingeschränkt werden konnte die rechte Feier jedoch leider nicht.

An der AfD-Veranstaltung nahmen mehrere dutzend Menschen teil, darunter sowohl Sympathisant:innen aus der Region als auch AfD-Funktionär:innen. So beispielsweise der Stuttgarter AfD-Bundestagsabgeordnete Dirk Spaniel, welcher mit dem JA-Landesvorsitzenden Severin Köhler anreiste. Auch Anton Baron, AfD-Fraktionsvorsitzender im Stuttgarter Landtag, war Teilnehmer.

Seitz selbst hatte für die „bürgernahe“ Eröffnung extra einen Sicherheitsdienst engagiert. Bei allen Besucher:innen wurden gründliche Taschenkontrollen vorgenommen, bevor sie das Gebäude betreten durften.

Das neue AfD-Büro ist in seiner Konzeption das erste seiner Art in Baden-Württemberg. Thomas Seitz, ehemaliger Offenburger Staatsanwalt und heutiger AfD-Bundestagsabgeordneter, ist Initiator und Finanzier der Erdgeschossräume in der Theodor-Kaufmann-Straße in Lahr. Er gehört zum offen faschistischen Teil der Partei, dem sogenannten Flügel um den Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke. Geht es nach Seitz, sind seine Räume zukünftig weit mehr als ein Bürgerbüro. Er plant daraus einen Schulungs- und Vernetzungsort für die rechte und faschistische Bewegung in der Region und darüber hinaus zu machen.

Ermöglicht wird ihm das auch durch den Eigentümer. Thomas Seitz ist mit seinem Zentrum Mieter in den Räumen der Wilde GmbH, ein auf den Verleih und die Reparatur von Nutzfahrzeugen spezialisiertes Unternehmen. Dem Eigentümer Mark Dietmar Wilde werden in Lahr schon seit Jahren Sympathien für das rechte Milieu, u. a. der NPD, nachgesagt.

Während sich nicht wenige Lahrer:innen spontan der Demonstration anschlossen, gab der Oberbürgermeister der 50.000-Einwohner:innenstadt kein gutes Bild ab. Erst der Aufruf zu Protesten sorgte dafür, dass er eine Einladung des AfD’ler Seitz bei der Eröffnung zu reden, öffentlich ausschlug. Taten ließ er indes nicht folgen.

Damit ist er nicht allein. Die schalen Lippenbekenntnisse vieler bürgerlicher Politiker:innen waren auch Thema der unterschiedlichen Reden. Die Überzeugung, sich im Kampf gegen die Gefahr von Rechts nicht auf Institutionen verlassen zu können, zog sich wie ein roter Faden durch die drei Redebeiträge, die jeweils einzelne Schwerpunkte hatten. Gemeinsam Kämpfen aus Freiburg setzte die aktuelle Rechtsentwicklung in den Kontext der kapitalistischen Krise und übte tiefgreifende Kritik an den Krisenlösungsstrategien von Ampel und Co. Die Gruppe Solidarity Ortenau beleuchtete in ihrem Beitrag die rechten Strukturen in der Region. Das Offene Antifaschistische Treffen Karlsruhe rief zur gemeinsamen Gegenwehr von unten gegen die Rechtsentwicklung auf.

Die Demonstration gegen die Eröffnung des Nazizentrums in Lahr ist als Auftakt des Widerstands gegen den Aufbau rechter Infrastruktur im Südwesten zu betrachten. So wichtig dieser Schritt war, so sehr ist es erst der Anfang eines längeren Wegs, bei dem es auch darauf ankommen wird, lokalen und überregionalen Widerstand gut miteinander zu vernetzen und nicht locker zu lassen. Zentren wie das Seitz-Büro in Lahr oder die AfD-Immobilie in Mainz-Hechtsheim sind konkreter Ausdruck einer Normalisierung rechter und faschistischer Politik in der Gesellschaft. Den Köpfen hinter diesen Zentren geht es aber um weit mehr. Sie versuchen, rund um das Zugpferd AfD, eine Vernetzung militanter, betrieblicher und intellektueller faschistischer Kreise aufzubauen.
Auch deswegen hat der antifaschistische Kampf gegen rechte Infrastruktur einen hohen Stellenwert. Scheitert das Zentrum in Lahr, verliert auch der offen faschistische Teil der AfD Infrastruktur. Der Weg dorthin wird kein leichter sein. Thomas Seitz’ Büro befindet sich nicht ohne Grund in Lahr, einer Stadt, in der die AfD in einzelnen Stadtteilen bei Wahlen überdurchschnittlich gute Ergebnisse einfährt.

Es wird die Aufgabe aller Antifaschist:innen in der Region sein, den Widerstand nachhaltig und langfristig zu organisieren. Die Demonstration an Dreikönig hat gezeigt, dass dies gemeinsam möglich sein kann. Antifaschistische Gruppen, Anwohner:innen, Kommunalpolitiker:innen, Gewerkschaften – im Kampf gegen rechte Infrastruktur müssen alle zusammenarbeiten.
Kämpferischer, lautstarker und direkter Widerstand stehen dabei einer spektrenübergreifenden Zusammenarbeit und Beteiligung nicht im Wege, sondern sind im Gegenteil ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Ende des gerade erst eröffneten Nazizentrums in Lahr.