Neuer Wind von Rechts

Die faschistische Partei „Der Dritte Weg“ Hintergründe und Einschätzung aus antifaschistischer Perspektive

 

In Baden-Württemberg und anderen Teilen Deutschlands formiert sich eine bisher weitgehend unbekannte, neue faschistische Organisation: „Der Dritte Weg“. Die Partei wurde Ende 2013 in Heidelberg von Teilen der „NPD“ und Nazis aus dem Spektrum der „Freien Kameradschaften“ gegründet. So fungiert sie als Auffangbecken und Nachfolgeorganisation für verbotene Gruppen, wie das „Freie Netz Süd“ aus Bayern und das „Aktionsbüro Rhein-Neckar“, aber auch als Alternative zu der an Bedeutung verlierenden „NPD“. Durch elitäres Auftreten grenzen sich die Faschisten des „Dritten Wegs“ von pöbelnden „Sauf-Nazis“ und dem Klischee des kahl rasierten Neo-Nazis in Bomberjacke ab. Damit macht sich die Partei nicht nur Freunde. Teile der faschistischen Bewegung distanzieren sich von der Partei und bezeichneten diese als „Spalter“. Doch Spaltung passt gut in die Strategie des „Dritten Wegs“, der momentan eben kein Sammelbecken für möglichst viele Nazis sein möchte. Viel mehr versteht sie sich als ein langfristiger Aufbauprozess einer offen faschistischen und militanten Organisation, die elitäre Kader im gesamten Bundesgebiet miteinander vernetzt.

Was sie tun

Der Parteistatus bietet den Faschisten im Vergleich zu klassischen Kameradschaftsstrukturen einen sehr hohen Schutz vor einem Verbot. Bei dem bisher einzigen ernsthaft betriebenen Wahlkampf in Rheinland-Pfalz 2014, erreichte die Partei nicht einmal 0,1 Prozent der Stimmen. Eine Fixierung auf parlamentarische Betätigung besitzt die Partei nach ihrer aktuellen Strategie ohnehin nicht. „Der Dritte Weg“ hat seine Schwerpunkte in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen, baut aber ständig neue „Stützpunkte“ auf. Er ist streng hierarchisch organisiert, so kann man zunächst nur Fördermitglied, erst später volles Mitglied werden.

Das Auftreten der Aktivisten ist propagandistisch durchdacht und drückt sich etwa durch einheitliche Kleidung und das allgegenwärtige Logo, eine römische Drei, umgeben von einem Lorbeerkranz auf dunkelgrünem Grund, aus. Mit hellbraunen T-Shirts erinnert die Partei offen an die Uniformen der SA. Wo immer sie es ohne großes Risiko konnten, traten sie bei Großdemonstrationen recht militant auf, so zum Beispiel am 1. Mai 2016 in Plauen oder 2015 in Saalfeld.

„Der Dritte Weg“ versucht mit relativ wenigen Aktivisten lokal verschiedene Aktionsformen auszutesten, dokumentiert diese kleinlich und veröffentlicht sie mit pathetischen Begleittexten im Internet. Ihre selbst organisierten „Bürgerwehren“ konnten bisher keinen Anschluss an ähnliche Initiativen finden und stießen bisher kaum auf positive Resonanz. Nostalgische Aktionen, die positiv an den deutschen Faschismus 1933 bis 1945 erinnern sollen, finden im engeren Kreis statt. Der nach außen propagierten Ablehnung einer Zusammenarbeit mit Polizei, Stadtverwaltung und Justiz folgen sie in der eigentlichen Praxis nicht und kooperieren mit diesen, wenn es um die Verfolgung von AntifaschistInnen geht. Im Internet ist die Partei sehr aktiv. Einen hohen Stellenwert nimmt dabei die dauernde Pflege ihrer Homepage und die Präsenz in sozialen Netzwerken ein. Im Internet stellen sie verschiedene Materialien bereit, die als „Handlungsbücher“ für Interessierte dienen sollen. Besondere Beachtung verdient dabei die Erstellung einer Deutschlandkarte, in der Geflüchtetenunterkünfte eingezeichnet sind – mit genauer Adresse und detaillierten Informationen. Auf die Karte wird auf der offiziellen Website des „Dritten Wegs“ verlinkt; diese ist eindeutig als Hilfe für den Terror gegen geflüchtete Menschen gedacht. Die Karte wurde im Rahmen der Kampagne „Asylflut stoppen“ erstellt. Immer wieder kommt es in diesem Kontext auch zu Teilnahmen an städtischen Informationsveranstaltungen zu Geflüchtetenunterkünften durch Faschisten des „Dritten Wegs“, die diese für ihre Hetze missbrauchen.

Vor allem in ländlichen Regionen versuchen sie mit unangekündigten Infotischen eine Präsenz und Ansprechbarkeit für die Bevölkerung zu etablieren und so Gebiete abzustecken, in denen sie besser agieren können, da sie dort meist weniger Widerstand erfahren. Dabei unterstützen sich die einzelnen Stützpunkte und Kleingruppen gegenseitig und fahren teilweise mehrere Hundert Kilometer für Aktionen.

Jedoch scheuen sie direkte Gegenproteste oder die Konfrontation mit AntifaschistInnen. Ganz nach ihrem Vorbild, der faschistischen Partei „Goldene Morgenröte“ aus Griechenland, versuchen die deutschen Faschisten soziale Aktionen, wie z.B. Obdachlosenhilfe oder Tierschutz für rassistische und antisemitische Hetze zu missbrauchen. So beziehen sie sich mit ihrer Kampagne „Deutsche Winter-Hilfe“ auf das von der „NSDAP“ ins Leben gerufene „Deutsche Winterhilfswerk“.

Was sie denken

Auffallend beim faschistischen Projekt „Der Dritte Weg“ ist die Offenheit und Deutlichkeit ihrer Aussagen. Ganz direkt werden rassistische und antisemitische Hetze verbreitet und sich sehr deutlich an Traditionen des deutschen Faschismus orientiert. Sie versuchen, verbreitete rassistische Vorurteile mit einer offenen Sympathie für die Diktatur der Nazis 1933 bis 1945 zu verbinden. Wie in den 1930ern greifen die Faschisten soziale Themen auf und stellen sich als antikapitalistische, revolutionäre und sozialistische Aktivisten dar.

In ihrer Rhetorik stellen sie die „Systemfrage“ und inszenieren sich als echte Alternative zum kapitalistischen Ausbeutungssystem. So wird in den ersten Aspekten ihres „10-Punkte-Programms“, das direkten Bezug zum „25-Punkte-Programm“ der „NSDAP“ nimmt, von Verstaatlichung und sozialer Gerechtigkeit gesprochen. Diese dürfe aber nur dem gesunden Deutschen zustehen, dessen Frau den Haushalt und die Kinder versorgt. Letztlich stehen die faschistischen Scheinrevolutionäre, das hat sich historisch immer wieder gezeigt, im deutlichen Gegensatz zu einer grundlegenden Systemveränderung.

Die sozialen Aktionen und die Revolutionsrhetorik dienen einzig und allein dazu, sich als „Helfer des Volkes“ darzustellen und Teile der ausgebeuteten und unzufriedenen ArbeiterInnenklasse für sich zu gewinnen. Der Faschismus an der Macht ist im Gegensatz dazu ein zutiefst ausbeuterisches, terroristisches Regime, von dem lediglich ein Teil der Wirtschaftseliten und die faschistischen Führer profitieren. Dabei ist klar, dass die große Mehrheit der Menschen in der faschistischen Diktatur mit mörderischer Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg konfrontiert ist. So ist diese nichts anderes, als die aggressivste Verschärfung der aktuellen kapitalistischen Verhältnisse und nicht deren Alternative.

Wie sie vernetzt sind

International pflegt „Der Dritte Weg“ Kontakte zu diversen faschistischen Projekten. So gab es bereits Besuche bei der griechischen Nazipartei „Chrysi Avgi“ („Goldene Morgenröte“) die im Zuge der Wirtschaftskrise massive Wahlerfolge erzielte. Ebenso terrorisieren sie in dem von Angriffen auf soziale Errungenschaften geprägten Land MigrantInnen und politische GegnerInnen massiv. Derzeit läuft gegen weite Teile der Führungsebene von „Chrysi Avgi“ ein Verfahren, unter anderem wegen Verstrickungen in den Mord an dem linken Rapper Pavlos Fyssas.

Ebenso gab es bereits Treffen und Interviews des „Dritten Wegs“ mit Kämpfern des ukrainischen „Regiments Azov“, einem Freiwilligenbataillon, das offiziell der EU-freundlichen ukrainischen Regierung untersteht. Es wurde von der faschistischen Partei „Sozial-nazionalna assambleja“ („Sozial-Nationale Versammlung“) gegründet und bis heute von dieser dominiert und geführt. Im „Azov-Regiment“ sammeln sich neben ukrainischen auch Faschisten aus verschiedenen europäischen Ländern. Diese können sich in der Ukraine im Rahmen des dortigen Bürgerkrieges offiziell unter ukrainischer Flagge ungestört ausbilden lassen und an dem Bürgerkrieg gegen die russische Minderheit teilnehmen.

Das Beispiel des französischen Faschisten Grégoire Moutaux, der im Juni 2016 an der ukrainisch-polnischen Grenze mit Waffen, Zündern und einer großen Menge TNT festgenommen wurde und offenbar Anschläge in Frankreich plante, lässt erahnen, welche Sprengkraft eine solche Verbindung auch für deutsche Faschisten entwickeln könnte.

Kurz gesagt

Im Windschatten der AfD profitieren faschistische Kräfte zwar von einem zunehmend rassistischem und chauvinistischem gesellschaftlichen Klima im kriselnden Kapitalismus. Das schlägt sich jedoch (noch) nicht in Wählerpotential und großem personellen Zuwachs der Faschisten nieder. Dieses Potential wird bisher vor allem von der AfD aufgesogen. Die Faschisten schaffen es derzeit nicht, gesellschaftlich brisante Themen massenwirksam aufzugreifen. Vielerorts bleiben sie isoliert.

In seiner strategischen Aufbauphase ist das Projekt „Der Dritte Weg“ noch keine führende und bundesweit etablierte faschistische Kraft. Zwischen ihrem militanten Schein und ihrem tatsächlichen Sein liegen noch große Unterschiede. Jedoch kann „Der Dritte Weg“ durch die Schwäche und Fehler der linken und antifaschistischen Bewegung und der Unfähigkeit anderer konkurrierender faschistischer Projekte, wie der Partei „Die Rechte“ oder der „NPD“, auf fruchtbarem Boden agitieren. Ihr militantes Auftreten, ihre Erfahrung aus verschiedenen faschistischen Organisierungsanläufen und die Nähe und personelle Überschneidung zum faschistischen Terrorismus sind ein unübersehbares Gefahrenpotential. So ist beispielsweise der verurteilte Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger Mitglied der Partei und tritt immer wieder im Rahmen von Aktionen auch in Baden-Württemberg auf. Er wurde 2005 wegen Beteiligung an der Planung eines Bombenanschlags auf die Grundsteinlegung des jüdischen Kulturzentrums in München verurteilt. Zudem wurden bei polizeilichen Hausdurchsuchungen im Rahmen des Verbots des „Freien Netzes Süd“, einer Vorläuferorganisation des „Dritten Wegs“, nicht nur Hitler-Devotionalien gefunden, sondern auch Handfeuerwaffen, Gewehre und Handgranaten. Wir müssen das faschistische Projekt also als eines der potentiell gefährlichsten in Deutschland einschätzen.

Was wir tun können


Die Schwächen der Faschisten in der strategischen Aufbauphase müssen wir nutzen, um sie gezielt anzugehen.

Wichtiges Ziel linker, antifaschistischer Praxis muss hierbei das Verdrängen der Rechten von den Straßen, aus den Vierteln und Regionen sein. Den einzelnen faschistischen Kadern müssen bei der Aufbauarbeit der Partei Steine in den Weg gelegt werden. Konkret bedeutetet das: Dort, wo die Aktivisten von „Der Dritte Weg“ auftauchen, müssen wir präsent sein, um ihre Handlungsspielräume einzudämmen und ihnen die Rückzugsräume zu nehmen. Die öffentlichen Aktionen der Faschisten gilt es mit breitem und entschlossenem Protest zu konfrontieren.

Die antifaschistischen Aktionen gegen die Faschisten sollten auf den verschiedenen Ebenen, auf denen sie stattfinden vielfältig sein und an ihrem Ergebnis, nicht an den Mitteln gemessen werden.

Ein weiteres Standbein linker Agitation gegen den Rechtsruck ist das Demaskieren der revolutionären Rhetorik der Faschisten. Der zurecht bestehende Unmut in weiten Teilen der Gesellschaft über die aktuellen Verhältnisse muss dabei von links aufgegriffen werden. Denn nur durch eine solidarische Alternative zu den herrschenden Verhältnissen des Kapitalismus, kann ein Ausweg aus Unsicherheit, prekären Arbeitsverhältnissen und Armut geschaffen werden.

Um längerfristig erfolgreich gegen die Faschisten vorgehen zu können, müssen wir ihnen eine organisierte Antifaschistische Aktion entgegenstellen. Lokaler Widerstand, überregionale Zusammenarbeit und Unterstützung untereinander, sowie vielfältige Widerstandsformen müssen sich ergänzen. So kann kontinuierlich, Stück für Stück den Faschisten ihr Agieren schwer gemacht werden.

Kein Fußbreit den Faschisten!
Antifaschistische Strukturen aufbauen!