26. Oktober 2018
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Eine Partei, die Faschisten organisiert sitzt in fast allen deutschen Parlamenten, ihre Wahlkämpfer bedrohen Menschen mit scharfen Waffen und in Chemnitz versuchen Rechte sich die Straße zu nehmen. Kurz gesagt: Mehr als genug zu tun für uns Antifaschist*innen und eigentlich keine Zeit sich mit irrelevanten Polit-Sekten auseinanderzusetzen. Leider kommt es seit knapp 2 Jahren in München wieder vermehrt zu Auseinandersetzungen und Provokationen seitens sogenannter “Antideutscher”. Das zwingt uns dazu hier kurz unsere Position zu dieser Strömung darzustellen:
Einige meiner besten Freund_innen sind Antideutsche
(Anti-)Deutsche Ideologie und Israel
Als Ausgangspunkt ihres Denkens führen Antideutsche den kategorischen Imperativ Adornos an, „Denken und Handeln so einzurichten, dass Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts ähnliches geschehe.“
Wenn dabei aber Parolen wie “Panzer in Rammallah – Das ist wahre Antifa!” herauskommen, muss irgendetwas schief gelaufen sein. Bei all ihrer Zersplitterung stellen Parolen wie diese den allgemeinen Konsens antideutscher Positionen dar. Im Allgemeinen vertreten sie einen militaristischen „Antifaschismus“ und dessen Durchsetzung durch kapitalistische Nationalstaaten. So übernehmen sie die israelische (und deutsche) Staatsräson, dass die Gründung und militärische Verteidigung eines jüdischen Staates die einzige wirksame Maßnahme gegen Antisemitismus sei.
Dabei werden „die Juden“ von den Antideutschen als volksgemeinschaftliche Einheit verstanden und Israel als ihr Staat. Folglich werden jüdische Linke mit ihrer Kritik am kapitalistischen Staat Israel als Verräter an der jüdischen Volksgemeinschaft gesehen. So erdreisten sich diese anakademisierten Deutschen, Menschen als „selbsthassende Juden“ zu kategorisieren und israelische Journalisten als „Tintenstrolche“ und „Presseköter“ zu bezeichnen. Die Gleichmachung der Juden auf ein Volk, in dem Klassenwidersprüche ausgeblendet werden sollen, ist offenkundig anti-emanzipatorisch und konterrevolutionär. Denn ein Ende des Mordens in Israel und Palästina kann nur durch eine soziale Revolution erreicht werden, welche die gemeinsamen Interessen der israelischen und palästinensischen Arbeiterklasse als Ausgangspunkt hat.
Antimuslimischer Rassismus
Konsequenterweise stellen sich Antideutsche auch uneingeschränkt hinter die Außenpolitik Israels. Durch ihre Rufe nach Krieg (z.B. gegen den Iran) zeigt sich ihr Rassismus. Westliche Mächte sollen den „Fortschritt“ in den Nahen Osten bringen, da dieser aus sich selbst heraus angeblich zu keiner positiven Entwicklung fähig ist. Dabei ignorieren sie, dass in diese Region nie Menschenrechte und Demokratie exportiert wurden, sondern Gewalt und Ausbeutung. Die Entstehung von islamistischen Banden wie al-Qaida oder dem IS hängt eng mit westlichen „Interventionen“ zusammen. Der Djihaddismus wird als antikapitalistische Ideologie der verarmten Massen gezeichnet. Dabei wird unterschlagen, dass die hauptsächlichen Träger des Islamismus bürgerliche und kleinbürgerliche Schichten sind. Dass der Islamismus mittlerweile in Teilen auch die Massen hinter sich bringen kann, liegt vor allem daran, dass alle sozialistisch orientierten Bewegungen des letzten Jahrhunderts mit westlicher Hilfe massakriert wurden. Auch die Widersprüche und Konflikte des Nahen und Mittleren Ostens sind in erster Linie von den Widersprüchen des Kapitalismus bestimmt. Kulturelle oder religiöse Konflikte sind losgelöst davon nicht zu erklären.
Bürgerliche Faschismusanalyse
Auch die Faschismusanalyse ist weitestgehend oberflächlich. Der Blick auf den historischen Faschismus ist geprägt durch einen positiven Bezug auf die zivilisierende Mission der Alliierten im Zweiten Weltkrieg. Diesen wird im Gesamten eine antifaschistische Motivation unterstellt. Aus dieser Einschätzung ergibt sich eine zeitlose Gegenüberstellung von Zivilisation und Barbarei. Konkret sehen sie faschistische Diktaturen oder auch islamistische Regime als Herrschaftsformen, die nicht nach kapitalistischer Logik funktionieren. Diesen wird ständig die kapitalistisch-demokratische Normalität gegenübergestellt. Die Rolle der herrschenden Eliten für den Aufstieg des Faschismus wird dabei größtenteils ignoriert. Faschismus wird eben nicht als Krisenausweg des Kapitals analysiert, sondern allein als eine Sache des „Mobs“ und seiner Psyche.
Einstellung zum Klassenkampf – Gegen soziale Organsierung
Wir leben in einer Klassengesellschaft, in der es Ausbeuter und Ausgebeutete gibt. Die Ausgebeuteten sind bei weitem in der Überzahl und trotzdem bleibt das System am laufen. Warum? Der Interessenskonflikt zwischen Arbeit und Kapital ist auf vielfältige Weise verschleiert und tritt dennoch von Zeit zu Zeit – besonders in revolutionären Situationen – offen hervor. Die Funktion bürgerlicher Ideologie und materieller Angebote des Staates ist es, gesellschaftliche Widersprüche wieder ins System zu integrieren. Rechte Ideologie (vor allem die faschistische) propagiert die Volksgemeinschaft, womit suggeriert werden soll, dass innerhalb eines rassisch definierten Volkes keine Widersprüche vorhanden seien und diese nur von außen (z.B. jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung) provoziert würden. Die Antideutschen glauben im Prinzip diese Lüge von der deutschen Volksgemeinschaft, natürlich mit dem Unterschied, dass sie sich nicht positiv darauf beziehen (anders als in Israel). Sie gehen von einem total dominanten ideologischen Konsens zwischen deutscher Arbeiterklasse und deutschem Kapital aus. „Die Volksgemeinschaft und die Gleichzeitigkeit von Kalkül und Wahn bezeichnen weiterhin die spezifische Vergesellschaftungsform der Deutschen“ meint die Gruppe Project C aus München. Aus solchen „Analysen“ ergibt sich logischerweise die Angst, dass sich eine soziale Revolte durch die Arbeiterklasse ohnehin nur in antisemitscher Form ausdrücken kann. Ein wichtiger Angriffspunkt ist hierbei die sogenannte „verkürzte Kapitalismuskritik“, welche pauschal als antisemitisch angeprangert wird. Ein Beispiel: Eine Kritik an Spekulanten – ohne gleichzeitig den Ausbeutungsprozess in der Produktion miteinzubeziehen – stellt für Antideutsche eine Form des Antisemitismus da. Dabei ist es richtig, dass ein wichtiger Teil des modernen Antisemitismus, eine verkürzte Form von Kapitalismuskritik ist. Der Umkehrschluss, dass jede verkürzte Kapitalismuskritik antisemitisch ist, ist dagegen falsch.
Antisemitismus wird von Antideutschen nicht als Produkt gesellschaftlicher Entwicklungen angesehen, sondern als quasi unveränderbare Erscheinung. Die verblendeten Subjekte können keine andere Reaktion auf die Zumutungen des Kapitalismus hervorbringen als Antisemitismus. Deswegen sehen es Antideutsche als ihre Aufgabe an, nicht für, sondern gegen eine potentielle Revolution zu kämpfen.
Warum es mit Antideutschen keine Zusammenarbeit geben kann
Wir befinden uns in einer Situation die geprägt ist durch eine massive Polarisierung der Gesellschaft. Neoliberale Reformen und die Nachwirkungen der letzten Weltfinanzkrise bringen tausende Menschen bei rechten Mobilisierungen auf die Straße, eine Partei die Faschist_innen organisiert sitzt in beinahe allen Parlamenten. Diesen Zustand werden wir nicht als kleine versprengte Bewegung mit vereinzelten Aktionen stoppen. Nur eine Mobilisierung der Menschen, die unter dem Faschismus zu leiden haben, gibt uns eine Chance den Rechtsruck zu stoppen. Ein objektives Interesse an der Bekämpfung des Faschismus haben natürlich Jüd_innen, Migrant_innen, Frauen, aber auch die Lohnabhängige Klasse in ihrer Gesamtheit.
Wie soll man nun diese Menschen in den Kampf gegen den Faschismus einbeziehen, wenn klassenkämpferische Positionen systematisch mit konstruierten Antisemitismusvorwürfen bekämpft werden?
Auf linken Demonstrationen wird mit nationalistischen Symbolen und Parolen provoziert. Das Vorhandensein nationaler Unterdrückung wird geleugnet und die Solidaritätsarbeit wird angegriffen. Wie soll mit solchen Chauvinist_innen eine internationale Bewegung aufgebaut werden?
Für uns ist klar, dass sich die linke Szene entscheiden muss:
Antideutsche weiterhin bei sich in Bündnissen, Plattformen oder im lokalen AZ zu dulden, um den Szene-Frieden nicht zu gefährden.
Oder sich auf den Weg machen. Von der Szene zu einer gesellschaftlichen Bewegung zu werden. Das bedeutet mit der Klasse der Lohnabhängigen den Kampf gegen den Faschismus und zur Überwindung des Kapitalismus zu führen.