Die Empörung über das Treffen zur Planung von Massendeportationen von AfD-Funktionär:innen, CDU-Mitgliedern und finanzstarken Unternehmer:innen ist groß. Völlig zu Recht gingen in den letzten Tagen mehrere Zehntausend Menschen bundesweit auf die Straße. Endlich. Bestenfalls ist das der Beginn einer neuen Bewegung gegen die faschistische Gefahr. In Anbetracht der Potsdamer Deportations-Pläne und der hohen AfD-Umfragewerte wäre diese notwendiger denn je. Nicht wenige fordern in diesem Zusammenhang ein Verbot der AfD.
Verbote lösen keine Probleme
So schön es klingen mag, ein staatliches Verbot wird die Faschist:innen nicht aufhalten. Es würde der AfD zwar kurzfristig die finanzielle Grundlage entziehen, die Funktionär:innen und Wähler:innen blieben mit ihrer Überzeugung aber vorhanden. Die Hürden für ein Parteiverbot sind hoch, ein Scheitern im Falle der AfD vorprogrammiert. Das hat schon der Versuch gezeigt, die NPD zu verbieten. Und scheitert ein solches Verfahren, legitimiert das umgekehrt die menschenverachtende Politik der Faschist:innen auch noch in den Augen der letzten Zweifler:innen. Gleichzeitig reduziert die Verbotsforderung das Problem von Rechts auf die AfD und ihre Jugendorganisation.
Antifaschismus ist keine Aufgabe die an Gerichte, die Regierung oder andere Institutionen delegiert werden kann. Es ist die Aufgabe aller. Und es ist eine Aufgabe die ein Handeln erfordert, welches über das „empört sein“ und das „Flagge zeigen“ hinausgeht. Wenn es eine Erkenntnis aus der Geschichte dieses Landes gibt, dann ist es diese: Faschist:innen – und so muss die Mehrheit der AfD mittlerweile bezeichnet werden – stoppen wir nicht durch Verbote, Gesten oder gut zureden, sondern nur durch gemeinsames und konsequentes Handeln.
Die AfD ist die Spitze des Eisbergs
Der momentane Aufschwung der AfD kommt nicht aus dem Nichts. Wer ihn nachhaltig beenden will, muss die Ursachen dafür suchen. Sicherlich gibt es in diesem Land in Teilen der Bevölkerung eine über Jahrzehnte gewachsene und verfestigte rassistische Grundhaltung, die jetzt von der AfD kanalisiert wird. Dass rechte Antworten aber gerade im Zuge einer der tiefgreifendsten Wirtschaftskrisen Konjunktur haben, hat auch andere Gründe.
Während fleißig von unten nach oben umverteilt wird und Milliarden an Rüstungskonzerne fließen, werden die sozialen Bereiche massiv zusammen gekürzt. Die medial inszenierte Hetze gegen Geflüchtete, aber auch gegen Menschen, die von Bürgergeld abhängig sind, sind da eine dankbare Ablenkung von der unsozialen Krisenpolitik der regierenden Parteien. Beispielhaft angeführt seien u. a. die rassistischen Ausfälle von Friedrich Merz und anderen CDU-Politiker:innen oder die Abschottungs- und Ausgrenzungspolitik der rot-gelb-grünen Bundesregierung. Die Devise ist klar: Teilen um zu herrschen.
Eine Politik der Sündenböcke. Eine Politik der Spaltung. Eine rassistische Politik.
Noch vor einigen Wochen ließ sich Bundeskanzler Scholz mit dem Satz „Wir müssen endlich konsequenter abschieben“ auf dem Spiegel-Cover ablichten. Es sind die Führungsriegen von SPD und Grüne die mit nordafrikanischen Staaten verhandeln, um dadurch die faktische Abschaffung des Asylrechts zu verwirklichen.
Da mutet es grotesk an, dass die gleichen Berufspolitiker:innen die mitverantwortlich sind für das massenhafte Sterben im Mittelmeer und die Internierung von Geflüchteten in Lagern an den EU-Außengrenzen, sich jetzt teilweise als Kämpfer:innen gegen Rechts inszenieren.
Von rechter Realpolitik profitiert am Ende nur das „Original“: Die AfD, der es gelingt trotz eigenem neoliberalen Programm sich als Fundamentalopposition zu geben.
Was dem Aufstieg der Rechten wirklich Einhalt gebieten könnte, wäre eine tatsächliche linke Politik von unten, welche die Krisengewinner herausfordert, anstatt sie zu hofieren. Das wäre eine breite Gegenbewegung auf der Straße, statt Parteien die sich von der AfD nach rechts treiben lassen.
Antifaschismus selbst in die Hand nehmen
Genauso wenig wie Polizei oder Justiz, wird es die Ampel sein, welche die Faschist:innen stoppt. Das müssen wir selbst tun.
Es ist ein Zeichen, dass über 830.000 Menschen eine Online-Petition unterschrieben haben, um Björn Höcke unwählbar zu machen. Aber: Was wäre, wenn die gleichen Leute anstatt dessen aber gegen die AfD auf die Straße gehen, deren Infostände verhindern, faschistische Aufmärsche blockieren, für die Schließung rechter Räume demonstrieren und Nazis im echten Leben bekämpfen würden? Was wäre, wenn die gleichen Leute in den Betrieben, den Schulen, den Universitäten und anderen Orten antifaschistische Initiativen gründen und proaktiv gegen rechte Ideologie kämpfen würden?
All das – und eigentlich noch viel mehr – wäre notwendig und würde tatsächlich helfen die Rechten und Faschist:innen zurückzudrängen.
Das mag nicht immer einfach sein und manchmal braucht es Mut dazu. Schließlich gibt es eine gesellschaftliche Sympathie für faschistische Politik, Auseinandersetzungen in Familie und Freundeskreis sind vorprogrammiert. Und auch die Polizei stellt sich vielen, die konsequent gegen die faschistische Gefahr vorgehen, unter dem Vorwand die Meinungsfreiheit zu schützen, in den Weg.
Aber: Am konkreten Tun führt kein Weg vorbei. Und: Je mehr Menschen es ernst meinen mit dem Kampf gegen die Faschist:innen, desto größer die Chance, dass wir gemeinsam erfolgreich sind. Jetzt ist die Zeit sich mit anderen zusammenzuschließen und einzuschreiten. Bevor und nicht erst, wenn die AfD ihre Pläne umsetzt.
Schon einmal hat die deutsche Wirtschaft in der Krise gemeinsame Sache mit den Faschist:innen gemacht.
Schon einmal wurden Deportationspläne geschmiedet.
Schon einmal waren es zu wenige, die sich dem in den Weg gestellt haben.
Zeit zu handeln, bevor es (wieder) zu spät ist.
Antifaschistische Aktion Süd, Januar 2024
Das Flugblatt zum Ausdrucken findet sich hier.