Am 27. September 2025 auf nach Nürnberg zur Demonstration gegen die Kriminalisierung von militantem Antifaschismus!
In wenigen Tagen geht der erste Prozess im Budapest-Komplex zu Ende. Am sogenannten „Tag der Ehre“ treffen sich in der ungarischen Hauptstadt jährlich Hunderte Faschist:innen aus ganz Europa, um z.T. in Uniform der Wehrmacht und Waffen-SS dem NS-Regime zu huldigen. Einer ganzen Reihe Antifaschist:innen aus mehreren europäischen Ländern wird vorgeworfen 2023 zu diesem Tag ebenfalls nach Budapest gereist zu sein, und dort wichtige Funktionäre der deutschen und ungarischen Neonazi-Szene angegriffen zu haben.
Diese paar verletzten Faschisten lösten ausgehend von der ungarischen Justiz eine europaweite Ermittlung aus – mit internationalen Haftbefehlen, einer illegalen Auslieferung, viele Menschen sahen sich gezwungen unterzutauchen, und am Ende so viele Antifaschist:innen in deutschen Knästen, wie seit Jahren nicht mehr.
Hanna soll eine dieser Antifaschist:innen gewesen sein. Sie wurde im Mai 2024 in ihrer Heimatstadt Nürnberg verhaftet und in München vor Gericht gestellt. Noch vor der ungarischen Justiz wird in wenigen Tagen mit ihrem Prozess das erste Urteil im Budapest-Komplex gefällt.
Auf ein mildes Urteil oder gar einen Freispruch brauchen wir nicht zu hoffen. Dass Hanna überhaupt in Untersuchungshaft und auf der Anklagebank sitzt, ist Ausdruck des unbedingten Willens der deutschen Behörden die antifaschistische Bewegung zu kriminalisieren. Der Sturm des Rechtsrucks ist nicht nur in den Parlamenten zu spüren, er bläst auch in den Gerichtssälen.
Denn dieser Rechtsruck ist kein Phänomen, das sich allein auf das Wiedererstarken rechter und faschistischer Parteien und Organisationen beschränkt. Ganz im Gegenteil durchdringt es als Zeitgeist dieser Dekade jeden Teil der Gesellschaft, der sich nicht aktiv gegen diese Entwicklung stellt.
Grünen-Politiker:innen, die fanatisch für Aufrüstung und Krieg agitieren, Mitarbeiter:innen in den Ausländerbehörden, die abschieben lassen, als wäre die AfD schon längst an der Macht, eine Union, die alles daran setzt, dass zwischen ihr und der AfD kein Blatt Papier passt, Richter:innen und Staatsanwält:innen, die endlich hart durchgreifen dürfen oder sich vom Druck ihrer Vorgesetzten dazu nötigen lassen, Sozialdemokrat:innen, die mit etwas Bauchschmerzen die letzten verbleibenden sozialen Sicherungen für mehr Panzer und Kasernen streichen lassen.
Die AfD mit ihren europäischen Schwesterparteien, die vielen verschiedenen faschistischen Organisationen und die zunehmende rassistische Gewalt auf den Straßen Europas sind dabei nur die reaktionärsten und aggressivsten Auswüchse dieses nunmehr seit 10 Jahren anhaltenden weltweiten Rechtsrucks.
Diese Entwicklung findet auf so vielen Ebenen statt, dass wir als linke Bewegung uns nicht mehr auf einzelne Phänomene beschränken dürfen, sondern uns dieser als Ganzes entgegenstellen müssen. Eine schier unmögliche Aufgabe, angesichts unserer aktuell geringen gesellschaftlichen Wirkmächtigkeit.
Aber eigentlich sind die Ausgangsbedingungen nicht schlecht: Die Gesellschaft repolitisiert sich gerade nicht nur im rechten Lager. Der Rechtsruck hat an vielen Stellen bereits erste Gegenbewegungen auf den Plan gerufen. Denken wir nur an die Großdemos gegen die AfD der letzten Jahre, oder an den spontanen Widerstand tausender Migrant:innen gegen die Deportationspläne der amerikanischen Regierung. Uns fällt die Aufgabe zu diesen Widerstandsnestern eine gemeinsame Perspektive zu bieten und sie zu einer Bewegung zusammenzuführen. Zu einer Bewegung, die an verschiedenen Orten, auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Mitteln – aber für das gleiche Ziel – kämpft.
Der direkte Kampf gegen den faschistischen Terror ist eine dieser Ebenen und der militante Antifaschismus eines der dafür notwendigen Mittel.
Die jüngere deutsche Vergangenheit mit den Baseballschläger-Jahren und der Tradition des organisierten faschistischen Terrors, oder die rassistischen Ausschreitungen in England, Irland und Spanien in den letzten zwei Jahren sind dafür trauriger Beweis.
Hanna und die anderen angeklagten Genoss:innen sollen sich dem militanten Kampf gegen faschistische Funktionäre angenommen haben. Angesichts der Gewalt, die von diesen in den letzten Jahrzehnten ausgingen, eine sehr wichtige Ebene, um den Rechtsruck zurückzudrängen und der wir uns mit Sicherheit in den kommenden Jahren an vielen Orten werden stellen müssen. Wir, die wir an anderen Ecken und auf andere Art und Weise kämpfen, dürfen uns von der Kriminalisierung dieses Widerstandes nicht verunsichern lassen, sondern müssen entschlossen hinter den Angeklagten stehen.
Die italienische Linke hat es bereits vorgemacht. Die ebenfalls angeklagte Ilari wurde von einem Wahlbündnis verschiedener linker Parteien und Organisationen aus der ungarischen Haft ins Europaparlament gewählt. Hunderttausende Stimmen waren dafür notwendig.
Wenn wir unsere Arbeit richtig machen wird es möglich sein, auch hier eine ähnliche Bewegung auf die Beine zu stellen, deren gesellschaftliche Wirkmächtigkeit groß genug ist, weitere Auslieferungen nach Ungarn zu verhindern und den bereits in Haft befindlichen Genoss:innen den Rücken zu stärken. Schritte dahin sind, in allen gesellschaftlichen Bereichen nicht nur für ein antifaschistisches Bewusstsein zu sorgen, sondern auch für die Legitimität aller Ebenen und Mittel im antifaschistischen Abwehrkampf, auch der des militanten Antifaschismus, zu streiten. Tragen wir diese Position hinein in unsere Bündnisse, Gewerkschaften und Nachbarschaftskollektive.
Und natürlich: den antifaschistischen Kampf selbstbewusst weiterzuführen!
Zur Urteilsverkündung gegen Hanna werden wir viele dieser Dinge angehen können. Wir rufen deshalb alle Antifaschist:innen auf, sich mit Hanna zu solidarisieren, am Tag der Urteilsverkündung nach München zu kommen und am Samstag darauf zur Solidaritätsdemonstration nach Nürnberg.
Alle zusammen gegen den Faschismus!
Antifaschistische Aktion Süd, September 2025
26.09. Kundgebung zur Urteilsverkündung in München, 11:30 Uhr, JVA Stadelheim
27.09. Überregionale Solidaritätsdemonstration in Nürnberg, 12:00 Uhr, Veit-Stoß-Platz
Weitere Infos findet ihr auch auf der Seite der Solidaritätskreise unter https://alleantifa.noblogs.org/